Wir Deutschen leiden gern und wir leiden laut. Jammern, Nörgeln, Schimpfen – alles volkssportliche Disziplinen hierzulande. Wer nicht schon morgens auf dem Weg zur Arbeit andere Autofahrer ankeift oder sich ohne Muffelgesicht in die U-Bahn setzt, geht glatt als Sonderling durch.
Dem World Happiness Report 2017 zufolge sind die Norweger das glücklichste Völkchen der Welt, gefolgt von Dänemark, Island und der Schweiz. Das liegt zum einen am Wohlstand, zum anderen aber vor allem an der Lebenseinstellung: Hygge!
Hygge kommt ursprünglich aus Norwegen und bedeutete im 16. Jahrhundert “jemanden trösten”. Heutzutage wird es in Dänemark mit “Gemütlichkeit” und “Beisammensein” gleichgesetzt.
Der Hygge-Hype – Dänischer Lebensstil als Exportschlager?
Ist Hygge angeboren oder kann das jeder lernen? Die halbe Welt will sich gerade das kultivierte Lebensglück von den Nordeuropäern abgucken. Hygge-Ratgeber, skandinavische Design-Trends und Fotoserien schwirren unter dem Hashtag #hygge im Netz umher.
Wie funktioniert Hygge im Alltag?
Hygge beinhaltet der Philosophie nach alles, was dir Behaglichkeit beschert. Eine Tasse Tee am Kamin – hygge! Ein guter Wein in geselliger Runde – doppelt hygge! Wohlfühl-Klamotten und ausgedehnte Spaziergänge ohne Handy sind ebenso hyggelig. Hygge kennt im Übrigen keinen Standesdünkel, es ist für alle und jeden da. Und das Beste: Das kleine Alltagsglück ist auf viele Lebensbereiche übertragbar.
Möbel & Deko: Lebst du noch oder bist du schon hyggelig?
Harmonie, Natürlichkeit, Funktionalität – das sind die drei Prinzipien des dänischen Wohnkonzepts. Harmonische Pastelltöne mit sanften Kontrasten. Knarzende Holzdielen, teure Vintage-Möbel mit klaren Linien und ohne Schnörkel. Viele Kerzen, Kissen, ein kuscheliges (Kunst-)Fell und stimmungsvolle Leuchten. Keine übergewichteten Bücherregale, keine überbordenden Fotowände. In der Einfachheit liegt die Schönheit.
Hyggelig essen: Mehr Genuss, maximale Geselligkeit
Selbstgemachte Zimtsterne, Tee, deftige Eintöpfe, Gløgg (skandinavischer Glühwein) und Käse aus dem Hofladen sind ganz oben auf der Prioritätenliste.
Die goldene Hygge-Regel: Kalorienzählen ist unhyggelig. Es darf geschlemmt werden, wonach das Herz begehrt – am liebsten in Gesellschaft von Freunden, Kollegen oder Familie und in Verbindung mit einem lustigem Spieleabend. Dabei werden Themen wie Politik oder schlechte Nachrichten gern vermieden, um die hyggelige Stimmung nicht zu gefährden.
Adieu Wetterkapriolen: Mach’s dir hyggelig
Mit Hygge sind Aprilwetter und dunkle Jahreszeiten ein Klacks. Ein hyggeliges Zuhause gibt Energie und kuschelige Strickpullover bieten lässigen Schutz. Doch Hygge ist nicht nur zur kalten Jahreszeit angesagt. Im Sommer kannst du dich auf hyggelige Picknick-Nachmittage, Wandern und Grillen am offenen Feuer freuen.
Hygge – Ein Geheimnis für mehr Glücksmomente?
Hygge verspricht inspirierende Einfachheit, gemütliches Beisammensein und Abschottung von allem Negativen. Zugegeben: Hygge ist nicht besonders neu. Es kam schon unter anderen kulturellen Deckmäntelchen wie dem französischen Savoir-Vivre, der spanischen Mañana-Mentalität und dem buddhistischen Zen-Lifestyle daher.
Vom weltweiten Hygge-Hype sind die Dänen selbst überrascht. Vielleicht, weil das persönliche Glück für sie nicht im permanenten “Glücklichsein” oder zwingend in materiellen Dingen begründet ist. Es geht darum, inneren Frieden zu spüren. Mit allem und jedem. Jederzeit.
Ob es funktioniert? Ein ganzes Land spricht dafür. Also, probier’s mal mit… Hyggeligkeit!
Bilderquelle Beitragsbild: iStock.com/martin-dm